Baukulturelles Erbe im Salzkammergut
Eine sehr interessante planliche Quelle zur Entwicklung der Bebauungsstruktur in Hallstatt stellt die sogenannte Franziszeische Katastralmappe dar. Dieser Plan stammt aus dem Jahr 1825 und am Deckblatt ist so eine grobe Skizze, ein sogenanntes Kroki (Croquis), ein Übersichtsplan, wo das damalige Gemeindegebiet von Hallstatt in sieben Ganzen und zwei halben Blättern dargestellt ist, wobei die Größe dieser Blätter 20 Zoll mal 25 Zoll beträgt; das sind etwa umgerechnet ins metrische System 53 mal 66 Zentimeter. Und 1825, das bedeutet, damals bildeten Obertraun und Hallstatt noch eine gemeinsame Gemeinde. Die Trennung von Obertrauen erfolgte etwa erst 100 Jahre später, also in den 1920er Jahren. Und wenn man sich auch die Beschriftung ansieht, merkt man, wie viel sich von den politischen Zuordnungen der Räume der Länder verändert hat. Was zum Teil eben noch stimmt, ist die Gemeinde Hallstatt, damals mit einem anderen Umfang. Und schon das Land heißt anders, es ist Österreich, ob der Enz, der [Land-]Kreis, das ist der sogenannte Traunerkreis, der jetzt zum Bezirk Gmunden geworden ist. Und die Herrschaft, der Bezirk, das war der Bezirk Wildenstein. Also das auch erst 1848 nach der Märzrevolution wurden diese Herrschaften aufgelöst und die Gemeinde-Autonomie errichtet. Das heißt, die Herrschaften, im frühen 19. Jahrhundert Bezirk genannt, fielen weg, die Kreise wurden in Bezirke verkleinert und so hat sich eigentlich jetzt, und das liegt ja doch erst ziemlich genau 200 Jahre zurück, sehr, sehr viel in diesen Verwaltungsstrukturen geändert.
Diese Katastralmappe, von der ich jetzt erzähle, ist in Oberösterreich und das ist in Österreich bisher das einzige Bundesland, auch über das Geoinformationssystem DORIS zugänglich. Da stelle ich auch in die Shownotes einen Link, wenn Sie das auch sehen wollen, von dem ich jetzt erzähle, dann ist natürlich dieser Link sehr spannend, weil man kann hier wirklich sehr schön ins Detail dieser Karte gehen. Dieser Franziszeische Kataster - der Name stammt vom damaligen Herrscher vom Kaiser Franz II. bzw. I., also Franz war als römisch-deutscher Kaiser Franz II., gab dann durch die Niederlage in den Napoleonischen Kriegen, durch die anfängliche, die römisch-deutsche Kaiserkrone auf und gründete das österreichische Kaiserreich. Das war so, 1803 wurde das österreichische Kreisreich gegründet, da war der Erste Kaiser und damit Franz der Erste. Das heilige römische Reich deutscher Nation wurde dann endgültig 1805 aufgelöst.
Nach ihm ist dieser Katasterplan benannt. Unter Kaiser Franz gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts zwei große geografische Projekte. Das war einerseits die Franziszeische Landaufnahme, das hatte einen militärischen Hintergrund. Da ging es darum, das ganze Kaiserreich mit wirklich guten militärischen Karten aufzunehmen. Da ging es natürlich vor allen Dingen um die topologischen Gegebenheiten, die für militärische Belange relevant waren. Und das dazu parallellaufende Projekt war die Katastralvermessung. Da wurden sämtliche Grundstücke vermessen und bewertet als Grundlage für ein Steuersystem. Diese Veränderung des Steuersystems, die beginnt schon im 18. Jahrhundert mit dem Zeitalter des sogenannten aufgeklärten Absolutismus. Da beginnt unter Kaiser Josef II. eine Erfassung des Landes, also eine statistische Erfassung des Landes. Also ich habe das schon einmal kurz gestreift in der Episode über die Hausnummern. Auch diese Episode, da werde ich in die Shownotes einen Link stellen. Und auch bei der Hausnummerierung. Die Hausnummerierung war ein Teil des Projekts der sogenannten Seelenkonskription, wo die Einwohner des Staates erfasst wurden. Und es wurde im Zuge dieses aufgeklärten Absolutismus auch eine neue Steuerbasis geschaffen. Die ursprüngliche, die archaische Form der Besteuerung war die sogenannte Kopfsteuer, Head-Taxes, also man musste pro Kopf Steuer zahlen. Und die wurde dann relativ einfach durch den Salzverbrauch eingehoben, weil ja jeder Mensch eine bestimmte Menge an Salz damals brauchte. Salz war damals die wichtigste Möglichkeit, um Lebensmittel konservieren zu können. Also Salz war eine Lebensnotwendigkeit und über die Salzsteuer wurde eben eine Kopfsteuer eingehoben. Und man hat sich aber dann darüber Gedanken gemacht, ein gerechteres Steuersystem einzuführen. Und Grund und Boden war zu dieser Zeit im 18., auch noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts, eigentlich die elementare Wirtschaftsbasis. Also man ging von einer Bodenbesteuerung aus. Auch unter Kaiser Josef II. wurde bereits mit einer Katastralvermessung begonnen, aber da war man technisch noch nicht so weit und so richtig gründlich gelungen ist es eben erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter Kaiser Franz. Das war ein gigantisches Projekt. Also ich habe zu Beginn kurz genannt, diese Katastralmappenblätter in der Größe von 20 mal 25 Zoll. Für die ganze Monarchie wurden etwa 165.000 Blätter gezeichnet, um eben die Monarchie, die ganzen Grundstücke zu erfassen. Für das heutige österreichische Staatsgebiet sind es etwa 50.000 Blättern, wo hier in einem sehr akribischen Aufmaß sämtliche Liegenschaften erfasst wurden. Vielleicht kurz zur Technik. Diese Landaufnahme erfolgt mit sogenannten Messtischen. Dieses Messtischverfahren ist schon relativ alt. Das wurde an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert entwickelt und es ist im Prinzip so, auf einem dreibeinigen Stativ wird eine horizontale Zeichenplatte montiert. Bei dieser Zeichenplatte gibt es als Hilfswerkzeuge noch einen Kompass, um das Zeichenblatt genau Richtung Norden auszurichten und es gibt auch noch ein bewegliches Lineal, das mit einem Fernrohr verbunden ist. Mit Hilfe des Dreibeins war es möglich, diesen Messtisch oberhalb eines ganz bestimmten Vermessungspunktes aufzustellen. Also es war zum ersten Schritt, war es einmal notwendig, mittels einer sogenannten Triangulation, einer Dreiecksmessung, im Land, im Ort, markante Punkte eines Dreiecksnetzes einzumessen und auf diesen Triangulationspunkten konnte man dann diesen Messtisch stellen, also genau oberhalb dieses Triangulationspunktes mit Hilfe eines Lotes, wurde der genau aufgestellt. Dann wurde die Platte Richtung Norden eingerichtet, das heißt, es lag dann das Zeichenblatt genau parallel zur Himmelsrichtung. Und dann konnte man mit Hilfe des Fernrohrs, das mit dem Lineal verbunden war, ganz bestimmte Punkte im Gelände sehr exakt anvisieren. Und wenn man am Messtisch genau die Richtung zu einem anvisierten Punkt hatte, dann lag natürlich auch das Lineal in diese Richtung. Auf dem Lineal war ein Maßstab drauf und so konnte man an Ort und Stelle im Felde einen maßstabsgerechten Plan anlegen. Der Maßstab ist auch sehr interessant, der beträgt 1 zu 2880, das klingt jetzt in unseren Orhen natürlich sehr ungewöhnlich. Wir sind Maßstäbe 1 zu 100 oder 1 zu 50 oder 1 zu 1000 gewohnt, also klare, glatte Zahlen im metrischen System. Aber wir sind ja hier noch im alten Zoll-Fuß-Klafter-System und 1 zu 2880 bedeutet, ein Zoll auf dem Plan entspricht 40 Klaftern in Wirklichkeit. Und das war das System, der Fuß hatte 12 Zoll. Der Klafter 6 Fuß, das heißt auf den Klafter gingen 72 Zoll und 72 mal 40 ist 2880 und so ergibt sich dieser Maßstab.
Das heißt umgekehrt, wenn man am Plan ein Quadratzoll betrachtet, entspricht das in der Realität einem Quadrat mit einer Seitenlänge von 40 Klaftern. Und das ist die Definition des alten Flächenmaßes des Jochs, das etwa 5700 Quadratmeter beträgt. Das heißt, da kommt auch diese vielleicht jetzt eigentümliche Grenze von einer Eigenjagd. Also wenn man so viel Wald besitzt, dass man eine eigene Jagd betreiben kann, braucht man eine Fläche von etwa 115 Hektar. Und da stellt sich auch die Frage, warum gerade 115? Das stammt natürlich auch noch aus diesem alten System. Das waren ursprünglich 200 Joch, also auch hier eine gerade Zahl, die dann ins metrische System umgerechnet worden ist. Die Pläne wurden natürlich in der warmen Jahreszeit angefertigt, wenn man im Freien arbeiten konnte und die Winterarbeit dieser Geografen bestand dann in der feinen Ausfertigung dieser Skizzen, die im Felde, die an Ort und Stelle ausgeführt wurden.
Von den Kartografen, welche Hallstatt vermessen haben, sind auch noch die Namen überliefert. Auch die stehen auf dem Titelblatt, die hießen Delsei und Winter. Und es wurde eben dann nach diesen Felskitzen, die am Messtisch angefertigt wurden, wurde dann im Atelier, wurde dann im Winter eine sehr genaue Handzeichnung angefertigt. Und das war die sogenannte Urmappe. Diese Urmappenblätter, Die liegen heute am Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen. Die werden quasi nur für Spezialzwecke zugänglich gemacht. Die darf man auch nur mit Handschuhen berühren. Die sind auch alle eingescannt. Und wenn man jetzt eines dieser Urmappen[blätter] möchte, die sind nicht frei im Internet verfügbar, die muss man am Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen bestellen und natürlich auch entsprechend bezahlen. Aber von dieser Urmappe wurde eigentlich sofort ein Duplikat angefertigt, also eine Duplikatsmappe und die kam in die jeweiligen Länder, in die Landesarchive und das, was über das Geoinformationssystem DORIS als Scan zugänglich ist.
Das ist die Duplikatsmappe. Spannend ist auch, mit dieser Franziszeischen [Katastral-]Landesaufnahme wurden ja nicht nur Gemeinden erfasst, die heute im österreichischen Staatsgebiet liegen, sondern auch zu Ländern, die damals zum Kaiserreich gehörten, aber jetzt, heute zu anderen Staaten gehören und denen wurden dann bei der Auflösung Österreichs 1918 diese originalen Urmappen übergeben. Und spannend ist zum Beispiel die Situation in Italien, die Landesteile Italiens, die damals zu Österreich gehörten, die haben auf Grundlage dieser Franziszeischen Vermessung eine [Katastral-]Landesaufnahme und ein Grundbuch und in Landesteilen, wo das nicht der Fall ist, gibt es das eben nicht. Also da war Österreich bei dieser [Katastral-]Landesaufnahme absolut vorbildlich. Die Erfassung ging letztlich nach Kulturgattungen. Also es wurde einerseits bei den Grundstücken bewertet, sind das Weiden, sind das Wiesen, sind das Äcker, sind das Weingärten, also welchen Ertrag können diese Flächen abwerfen eben als Steuergrundlage und es wurden auch, und das interessiert mich als Bauforscher natürlich, die Gebäude aufgenommen.
Und die Gebäude wurden auch kategorisiert, färbig angelegt. Also die Pläne, Sie werden ja das sehen, wenn Sie in das DORIS-System gehen, die Mappe, der Plan ist ja nicht nur in schwarz-weiß gezeichnet, nicht nur Linien, sondern ist auch färbig ausgefüllt. Holzgebäude sind immer gelb dargestellt, Steinbauten in einem hellrot-rosa und öffentliche Gebäude in einem dunklen rot. Also man kann hier sehr, sehr genaue Informationen über die Größe und die Art der Gebäude entnehmen.
Es bestand natürlich das Problem, und das ist ja heute noch genauso, dass diese Grundstücke in ihrer Form nicht starr bleiben. Das heißt, es ändern sich die Besitzverhältnisse, Grundstücke werden zusammengelegt, Grundstücke werden geteilt. Das heißt, es musste ja dieser Bestand immer wieder verändert und erneuert werden. Und dazu wurden dann sogenannte Rektifikationsmappen, die auch unter dem Namen Fortführungsmappen oder Arbeitsmappen laufen, wurden dann in diese Mappen die Veränderungen eingetragen. Und auch das ist natürlich sehr spannend, weil man für diesen Zeitraum des beginnenden bis ausgehenden 19. Jahrhunderts mehrere Stufen der baulichen Entwicklung hat. Also für Hallstatt gibt es hier zwei Rektifikationsmappen, wo man eben dann auch die baulichen Veränderungen sehr gut nachvollziehen kann, welche dann in diesem Zeitraum stattgefunden haben. Und diese Urmappe auch mit ihren Grundstücksnummern, also ursprünglich gab es schwarze Nummern für die Häuser und rote Nummern für die Grundstücke, dann ging man später dazu über, Grundstücke für Häuser, bebaute Grundstücke, mit einem davorgesetzten Punkt zu bezeichnen, auch das ist heute noch so. Wenn Sie heute in die digitale Katastralmappe schauen, die ist auch über dieses DORIS-System zugänglich, dann sehen Sie auch immer noch Grundstücke, wo ein Punkt davorgesetzt ist und das sind eben Baugrundstücke. Das heißt, es ist in dieser Tradition, die damals begonnen wurde, die wurde fortgeführt. Auch die Maßstäbe haben sich verändert. Solange noch händisch gezeichnet wurde, wurde im Maßstab 1 zu 1000 gezeichnet. Jetzt wird digital gezeichnet, die sogenannte digitale Katastralmappe, und da wird letztlich am Computer im Maßstab 1 zu 1 gezeichnet. Man kann dann die Blätter in beliebigen Maßstab ausdrucken. Aber es hat sich sehr viel gehalten und letztlich geht unser in Österreich sehr, sehr gut funktionierendes Grundbuchsystem auf diese Franziszeische [Katastral-]Landesaufnahme zurück. Und ich finde ja auch diesen ursprünglichen Gedanken der Steuerbemessung, dass man die Grundstücke als Steuerbasis nimmt, dass man also einerseits schaut, wie groß sind diese Grundstücke und andererseits, welchen Ertrag liefern diese Grundstücke. Also welche Kulturgattung ist das? Weide oder ist das ein Weingarten oder ist es ein Olivenhain? Also auch das gab es ja. Und das war die Basis für die Steuerbemessung und letztlich war der Fleiß des Eigentümers, der Eigentümerin nicht der Steuer unterworfen. Also man bezahlte die Steuer für das, was man als Basis für seine Tätigkeit hatte.
Was man daraus schuf, wenn man fleißig war, konnte man aus einer sehr kleinen Parzelle dennoch einen guten Ertrag erwirtschaften. Und das war quasi der Lohn des Fleißes, während man, wenn man eine große Parzelle besaß und die aber schlecht nutzte oder verkommen ließ, musste man trotzdem die Steuern bezahlen, auch wenn man wenig oder keinen Ertrag daraus gezogen hat.