Welterbe Hallstatt

Welterbe Hallstatt

Kulturelles Erbe im Salzkammergut

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Die Beschreibung, die Inventarisierung der Wälder nimmt in den Reformationslibellen einen sehr großen Raum ein. Und daran denke ich, ist wirklich sehr gut ablesbar, welche große Bedeutung der Energieträger Holz für die Salzproduktion in der frühen Neuzeit hatte. Es wird bei diesen Berichten über die verschiedenen Wälder einerseits einmal sehr genau beschrieben, wo diese Wälder sind, in welchem Zustand sie sich befinden, wie viel Zuwachs zu erwarten ist, wann sie schlagbar sein werden und aus dieser Quelle lassen sich natürlich auch sehr gut Flurnamen erschließen. Das heißt, mit der Beschreibung, wo dieser Wald ist, ist natürlich immer auch die Bezeichnung, wie das Waldstück heißt. Und da denke ich, ist es sehr schön zu sehen, wie lang diese Kontinuität in diesen Flurnamen ist, dass man, ich habe zum Beispiel in der Episode über das Pferde-Eisenbahnprojekt Obertraum-Kainisch von diesem beeindruckenden Plan, diesem Plan. Das sich Kroquis nennt, aber in Wirklichkeit ein hochdetaillierter Plan ist, wo von Obertraun bis Aussee im Koppental bei jedem Graben der Name eingetragen ist. Und diese Namen finden sich zum Teil auch schon in den Reformationslibelln.

Die technische Entwicklung zu Beginn des 16. Jahrhunderts basierte natürlich auf Energieeinsatz. Dieser Energieeinsatz, den finden wir ja nicht nur bei der Salzindustrie. Diesen Energieeinsatz gibt es genauso bei der Glasindustrie, den gibt es bei der Eisenverhüttung. Und gerade für Glas und Eisen konnte das Holz nicht direkt verbrannt werden, weil da die Temperaturen zu gering waren. Da wurde Holzkohle hergestellt. Holzkohle wurde aber auch im Bereich der Salinen für die Schmieden gebraucht. Und wir kennen in vielen Salzkammergurt-Orten noch die Flurbezeichnung Kohlstatt. Kohlstatt ist immer ein Hinweis auf Köhlerei, wo das Holz unter Sauerstoffabschluss zu Holzkohle gebrannt wurde. Und diese Holzkohle hat ja den Vorteil, dass sie durch ihre Porosität und ihren erhöhten, Kohlenstoffgehalt im Verbrennungsvorgang wesentlich höhere Temperaturen erreicht, als man nur durch das Verbrennen von Holz erreichen würde. Und diese Holzkohle brauchte man zum Beispiel bei den Schmieden, um hier das Metall auf die erforderliche Temperatur zu bringen. Genauso bei der Glasproduktion. Und da denke ich, schließt sich auch der Kreis wieder sehr schön. Im 1526er Inventar gibt es bereits einen Posten, der inventiert wird, an Glasscheiben und bei diesen Glasscheiben, das war damals so wertvoll, dieses Material, dass auch noch in einem Nebensatz erwähnt wird: "und davon zerbrochen." Also sogar die zerbrochenen Glasscheiben wurden aufgehoben und inventarisiert. Ein weiterer Aspekt des Energieverbrauchs ist die Produktion von Brandkalk.

Die Kalktechnik ist in Hallstatt schon sehr, sehr früh nachweisbar. Bei archäologischen Ausgrabungen aus der Römerzeit ist man auf kalkgebundenes Bruchsteinmauerwerk gestoßen. Das heißt, zumindest im ersten vorchristlichen Jahrhundert war die Kalktechnik in Hallstatt schon bekannt und es waren auch hier die Rohstoffe vorhanden. Es waren die Rohstoffe Kalkstein, es war natürlich der Brennstoff, das Holz, der Energieträger vorhanden und aus den Reformationslibelln wissen wir wiederum, dass die Arbeiter bei der Pfanne angehalten waren - und das habe ich ja das in den Episoden über das Pfannenhaus bereits dargestellt - wenn die Pfanne erneuert, "bereitet" wurde, zu suchen, ob noch brauchbarer Kalk, das heißt, ob in dieser Asche auch Kalk, die zu Calciumoxid, gebrannten Pfannsteher, ob davon noch etwas zu brauchen war, es wurde ein Abfall wieder genutzt. Es ist übrigens auch ein Aspekt der Industrieproduktion. Es ist in den Reformationslibellen auch genau beschrieben, wie dieser wirklich nicht mehr brauchbare Abfall, dieses Verbrennungsrückstände unter der Pfanne in Karren zum See transportiert und dort in den See verstürzt werden.

Aber es war nicht nur der Kalk, der wiederverwendet wurde, es war auch die Asche. Wir haben auch Belege aus dem 18. Jahrhundert, dass Asche aus den Sudhäusern, Holzasche, dann verarbeitet wurde. Für Weiterverwendung ebenfalls mit dem Salz Traunabwärts transportiert wurde. Und das war eben wiederum eine Komponente fürs Glas. Für die Glaserzeugung braucht man ja auch neben dem Quarzsand die Pottasche als Flussmittel.

Hier zeigen sich in der frühen Neuzeit schon sehr interessante stoffliche Kreisläufe. Und da denke ich, das sind schon sehr starke Analogien zur heutigen industriellen Produktion und letztlich auch zur Krise der Produktion. So wie die europäische Industrie aktuell mit hohen Energiekosten kämpfen muss und nicht so günstig produzieren kann wie andere Industrien in der Welt, stand man eben damals genauso vor diesem Problem des Raubbaus an der natürlichen Energieressource Holz. Der Wald, der jetzt, wenn man das weiter sieht, nicht nur den Brennstoff für die Salzindustrie, sondern für die Metallindustrie, für die Glasindustrie liefern musste und bereits aus dieser Situation heraus die Wiederverwendung von Abfallprodukten und die Kreisläufe von Stoffen.

Über diesen Podcast

Das Welterbegebiet Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut ist eine einzigartige Kulturlandschaft mit einem reichen kulturellen Erbe. Mein Name ist Friedrich Idam und ich stelle ihnen in jeder Episode eine neuen Aspekt unseres Welterbes vor. Dieser Podcast wird von Welterbe - Management Hallstatt unterstützt.

Ab Folge 153 ist für jede Episode ein redaktionell bearbeitetes Transskript hochgeladen.

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von und mit Friedrich Idam, Gestaltung: Reinhard Pilz

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