Baukulturelles Erbe im Salzkammergut
Hier im Bereich des Ischler Frachtenbahnhofs sind noch die letzten Masten der alten Oberleitung der Salzkammergutbahn erhalten.
Das ist insofern besonders spannend, da die Salzkammergutstrecke, die ursprüngliche Kronprinz-Rudolf-Bahn, die erste elektrifizierte Vollbahn Österreichs ist. Die Situation war die, dass Österreich nach dem Ersten Weltkrieg von den Kohlelieferungen aus Böhmen abgeschnitten war. Es war das große Problem, die Bahnen, die österreichischen Bundesbahnen zu betreiben. Und hier war natürlich die Idee, sie elektrisch zu betreiben. Und hier gab es die besonders glückliche Situation im Salzkammergut, dass der geniale Erfinder und vor allen Dingen Geschäftsmann Josef Stern aus Gmunden bereits an der Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert die Idee hatte, die Salzkammergutbahn zu elektrifizieren. Diese Pläne wurden aber vom K&K-Militär unterdrückt, weil man natürlich glaubte, dass so eine elektrische Oberleitung besonders anfällig für Sabotage wäre. Aber Stern war so hartnäckig, dass er im Elektrizitätswerk in Steg, also in der Stufe IV der Gosau-Werke, bereits die technische Infrastruktur für einen Bahnstromgenerator einbauen ließ und wie dann die Zeit reif war in den 1920ern, natürlich die Salzkammergutstrecke die ideale Teststrecke für Elektrifizierungssysteme war.
Und es wurden dann drei Firmen, nämlich die AEG-Union, Brown – Boveri und Siemens - Schuckert, damit beauftragt, überhaupt einmal Oberleitungssysteme zu entwickeln, verschiedene Typen und die im Betrieb zu erproben. Und hier im Frachtenbadhof sind tatsächlich noch die letzten Elemente. Hier haben wir Masttypen der AEG-Union, die aus einem glücklichen Zufall, vielleicht sogar aus Sparsamkeit, weil wir hier bei einem Nebengleis stehen, erhalten sind. Es ist der Originalanstrich erhalten, es sind die Masten in einer sehr, sehr eleganten, klaren Stahlkonstruktion und sie erfüllen, und das ist natürlich das Beeindruckende, seit 1924 ihre Funktion und funktionieren immer noch. Wenn wir daneben die neuen Masten aus Stahlbeton betrachten, die sich durch besondere Plumpheit auch im Vergleich zu den eleganten Stahlkonstruktionen auszeichnen.
Ich traue ich mir nicht die Hand ins Feuer zu legen, ob die auch 100-Jahre stehen bleiben. Aus diesen Systemen, aus den Erfahrungen des Probebetriebs auf der Salzkammergutstrecke entwickelten dann die BBÖ in weiterer Folge die sogenannte Einheitsfahrdrahtanlage, die dann im ganzen Bundesgebiet im Einsatz war. Und das erklärt auch den Salzkammergutbahnsteig in Attnang-Puchheim, denn die Westbahn wurde noch in den 1950er Jahren mit Dampfbetrieb geführt, während die Salzkammergutbahn bereits seit den 1920ern elektrisch fuhr. Und um die Durchmischung der Betriebssysteme zu vermeiden, wurde eben die Salzkammergutbahn in einem eigenen elektrisch betriebenen Bahnsteig in den Bahnhof Attnang-Puchheim eingebunden.
Wie auch bei vielen stählernen Bauwerken aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts, gehen die eigentlich nur durch mangelnde Pflege zugrunde. Die sind in ihrer ursprünglichen Ausführung äußerst sorgfältig behandelt worden. Das heißt, ursprünglich kam auf den Stahlgrund ein Schutzanstrich vom ölgebundenen Minimum Pigment und erst darauf ein zweiter Anstrich mit einem grünen Farbpigment.
Allerdings ist es erforderlich, diese Anstriche zu pflegen. Also alle paar Jahrzehnte muss man da drüber gehen und wieder pflegen. Und die meisten unserer stählernen technischen Denkmäler gehen nur drauf durch mangelnde Pflege. Wir haben das Problem bei sehr vielen Brücken. Und dann ist natürlich das beliebte Argument, ja, die sind ja verrostet, darum müssen wir es wegreißen.