Welterbe Hallstatt

Welterbe Hallstatt

Baukulturelles Erbe im Salzkammergut

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Über die Baukultur des Welterbegebiets Hallstatt-Dachstein-Salzkammergut. Um die Entwicklung der Baukultur der Welterberegion Hallstatt-Dachstein-Salzkammergut zu verstehen, denke ich, gibt es verschiedene Herangehensweisen. Eine, wie ich denke, sehr interessante ist der Zugang über die Landschaft. Einerseits über die Gestalt der Landschaft, was bietet dieser Naturraum an formalem Vorbild und natürlich die materielle Ebene, das Baumaterial, welche Baumaterialien können aus dem Naturraum dieser Landschaft gewonnen werden. Und das ist ja relativ einfach zu erkennen, es ist Stein und Holz.

Der Kalkstein tritt in verschiedenen Formen in Erscheinung, auch natürlich. Das ist einmal als Stein wir im Berg vorhanden ist und die Kalksteinvorkommen, diese Hallstätter Kalke, diese Dachsteinkalke, die kommen in sogenannten Bankungen vor. Das sind horizontale Schichtungen und diese horizontalen Schichtungen geben formal bereits die Form der Mauer vor. Also eine Mauer mit horizontalen Lagerfugen, die hat das natürliche Vorbild in der Felsbankung. Jetzt entstehen durch die verschiedensten natürlichen Einflüsse, durch vor allen Dingen Witterung, erodiert dieses Steinmateral zum Teil. Es bricht von den Felswänden herunter, wird von den Wildbächen Richtung See transportiert und bei diesem Transport des Materials wird es zerkleinert. Also es entsteht immer feineres Material und an den Mündungen der großen Einflüsse in den Hallstättersee, also in der Traunmündung, Waldbachmündung, Mündung des Gosaubachs, da sind die vorkommenden Schotter und Sande eigentlich schon sehr rundkönig. Also sobald das Material von der Felswand bricht, ist es aufgrund dieser Bankungsstruktur noch quaderförmig, beziehungsweise beim Sand und Schotter ist es dann das Kantkorn, das Steinmaterial, das natürliche ist der Quader. Und wenn dann dieses Material durch die Flussläufe, durch die Bewegungen quasi zu Tal gerollt wird, schleifen sich die Kanten ab und ein rundköniges Material steht zur Verfügung. Also man hat jetzt einerseits schon den Stein, der gebrochen werden kann, der Quader und das Sandmaterial und da gibt es dann den dritten Punkt und das ist die Zeit etwa um die Zeitenwende, wo dann die Römer Hallstatt erobern oder in unsere Region vordringen und die Römer nehmen ja viele Kulturtechniken mit. Kultur kommt ursprünglich von "Cultura", von der Landwirtschaft, von der Beherrschung der Natur. Und im weiteren Sinn gibt es natürlich dann diese Kulturtechniken auch im Bereich des Bauens. Und da kommt als ganz, ganz wichtige Neuerung der Römer der Kalk, also das Bindemittel Kalk. Hier erzeugt man dann wiederum mit diesem Rohstoff, der in der Natur vorkommt, den Kalk.

Der wird mit Hilfe des zweiten großen Rohstoffes, des Holzes, das ebenfalls zumindest anfänglich reichlich vorhanden war, zu Kalk gebrannt. Es entsteht ein Bindemittel.

Man kann mit diesem Sand der Bäche und mit dem Bindemittel Kalkmörtel herstellen und man kann, Mauerwerk vermörteln, man kann Quader-Mauerwerk, aber man kann letztlich natürlich auch Bruchsteine entsprechend vermauern, wenn man da wirklich das handwerkliche Geschick besitzt, auch aus Bruchsteinen mit unregelmäßigen Formen quasi in einem 3D-Puzzle ein sehr haltbares Bruchstein-Mauerwerk herstellen.

Eine Erscheinungsform des Mauerwerks, auf die noch speziell eingegangen werden muss, ist natürlich das Trockenmauerwerk. Genau dort, wo eben diese Sande nicht zur Verfügung stehen, im Hochalpine-Bereich der Almen am Dachsteinplateau, da gibt es natürlich noch nicht die Sande, weil die Zerkleinerung noch nicht so weit fortgeschritten ist und es wäre ein unvorstellbarer Aufwand, dieses Sandmaterial quasi auf die Almen hinaufzutragen. Dann genauso den Kalk. Oder auf der Alm einen Kalkofen zu errichten. Daher gibt es auf der Alm über Jahrhunderte das Trockenmauerwerk, wo diese Bruchsteine, die dort vorgefunden werden, die von den Felswänden herunterstürzen, die werden in einer sehr gekonnten Handwerkstechnik trocken, quasi in einem 3D-Puzzle zusammengesetzt. Und dieses Trockenmauerwerk gilt ja als die höchste Kunst im Maurerhandwerk, wo man wirklich ohne Bindemittel, also ohne jetzt die Steine zu verkleben, nur durch ihre Formschlüssigkeit eine stabile Mauer errichten kann. Der große Vorteil dieses Trockenmauerwerks ist, dass es die Frostbewegungen mit aufnehmen kann. Also wenn eine Trockenmauer wirklich optimal ausgeführt ist, kann sie sich mit den Frostbewegungen des Bodens mitbewegen und sie steigt im Winter, wenn es hoch friert, nach oben, wenn der Frost wieder nachlässt, sinkt die Mauer wieder ein und durch ihre Nichtverbundenheit, letztlich ist es ja eine hohe Duktilität des Verbandes macht dieses Trockenmauerwerk die Bewegung mit.

Also um jetzt zum zweiten Baustoff, zum Holz zu gelangen, auch das Holz ist natürlich in der Naturlandschaft vorhanden und es entwickelt oder es bildet im Gegensatz zu dieser, in den meisten Fällen mehr oder weniger horizontal verlaufen Felsbankung entwickeln jetzt die Bäume mit ihren vertikalen Stämmen den Gegenentwurf. Also einerseits horizontale Felsmuster, vertikale Holzmuster und die finden sich dann letztlich auch zum Teil in der Holzbaukultur wieder. Die Holzbaukultur in der Welterberegion Hallstatt-Dachstein-Salzkammergut ist sicher die älteste, wie archäologische Funde im Salzberg-Hochtal belegen, wurde bereits in der Hallstattzeit mit Holz gebaut. Es waren schon elementare Zimmerungstechniken bekannt, es waren Holz-Eckverbindungen bekannt, man konnte Rundhölzer zu entsprechenden Konstruktionen zusammenfügen, es gibt Funde von lärchenen, Holzschindeln, also von Spaltschindeln. Diese Techniken waren zur Hallstattzeit, in prähistorischer Zeit bereits vorhanden und werden dann über die Jahrhunderte tradiert. Das ist ja auch diese Idee, welche der französische Historiker Fernand Braudel die "longue durée", die lange Dauer nennt. Also dass es über Jahrhunderte kaum eine Veränderung in der Entwicklung gegeben hat und das, denke ich, bildet sich in der Welterbe-Region besonders gut auf den Almen ab.

Die Almen sind ja, wie ich schon angesprochen habe, sehr, sehr schwer zu erreichen. Man kann auf den Almen wirtschaftlich effizient nur mit dem Material bauen, das dort vorhanden ist, also im Prinzip mit den Bruchsteinen, mit dem Holz, dass man dann mit einfachen Handwerkzeugen bearbeitet und auf den Almen halten sich natürlich diese ganz archaischen, urtümlichen Bauformen am allerlängsten. Das sind letztlich Zeitkonserven, wo die Entwicklung eben aufgrund der materiell schlechten Zugänglichkeit viel, viel langsamer vor sich geht. Der große Bruch, wie in allen anderen Bautraditionen, setzt mit der Mitte des 20. Jahrhunderts ein, mit dem Forststraßenbau, wo auf einmal der Materialantransport viel, viel einfacher wird. Jetzt zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind Hubschraubertransporte schon ganz selbstverständlich und damit verändert sich natürlich letztlich auch die Baukultur, die Bauformen auf den Almen.

Solange Holz reichlich vorhanden war, und das ging zumindest in Hallstatt bis ins 16. Jahrhundert, solange war der Holzbau die vorherrschende Bauform, auch ich denke aus einem sehr starken Beharrungsverhalten der Bevölkerung, die bei bewährten Traditionen geblieben ist. Und Holz ist natürlich, wenn man es für Wohnbauten nutzt, ist es viel leichter, mit Holz ein Gebäude mit einem guten Wohnklima herzustellen, als wenn man das mit Stein versucht.

Die zunehmende Ausweitung des Salinenbetriebs - so wie die Habsburger Länder zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit der Erwerbung von Böhmen und Ungarn wachsen, auch die Salzmärkte wachsen, wie die Nachfrage nach Salz wächst. So wächst natürlich in der Welterbe-Region die Nachfrage nach Holz und die staatlichen Salinen beanspruchen dieses Holz für betriebliche Zwecke. Das war einerseits natürlich die Hauptmenge für die Feuerung der Salz-Sud-Pfanne.

Es war aber auch Konstruktionsholz für die Stollenausbauten, es war Holz für die Salzverpackungen. Also wie der Soziologe Werner Sombart das vorindustrielle Zeitalter als ein hölzernes Zeitalter beschreibt, so war natürlich auch hier im Welterbegebiet das Zeitalter hölzern. Und Holz wurde universell gebraucht und durch die starke Macht des Salzamtes merkt man vom Beginn oder von der Mitte des 16. Jahrhunderts an immer strengeren Vorschriften, welche den Holzverbrauch der Bevölkerung einschränken und das Bauen mit anderen Materialien, sprich vorwiegend mit Stein- und Kalkmörtelgebundenen Mauerwerk forcieren.

Es gibt in der Bevölkerung natürlich Widerstand, die am Bestehenden festzuhalten versuchen. Aber hier wird vom Amt, denke ich, schon sehr restriktiv vorgegangen. In den Quellen im Wiener Hofkammerarchiv finden sich natürlich immer wieder Berichte von Zuwiderhandelnden, wo dann die staatliche Macht entsprechend durchgreift. Übrigens auch ganz interessant, als zu Ende des 19. Jahrhunderts in den Pfannhäusern die Kohlefeuerung eingeführt wird und der Holzbedarf sinkt, kommen Holzbautechniken, die jahrhundertelang unterdrückt wurden wieder zu Tage, wie etwa die Schindeldeckungen. Und ich denke auch, da bildet sich auch ein ganz klarer Prozess, wie Baukultur funktioniert ab, nämlich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Also welche Baustoffe sind verfügbar, welche Transportmittel sind verfügbar, wie teuer oder wie billig ist der Transport. Und aus diesen Rahmenbedingungen entsteht dann eine jeweils für die Zeit und für diese Rahmenbedingung typische Baukultur. Also das ist auf die wirklich materielle Ebene heruntergebrochen.

Man merkt auch, dass man holzsparende Konstruktionen verwendet. Also das ist einerseits in der Frühzeit - man findet das auf den Almen noch sehr lange: Die massive horizontale Blockzimmerung, sei es aus Rundhölzern, sei es aus gehackten Stämmen, also die extrem holzverbrauchend ist und bei den Dächern die sehr archaischen, gering geneigten Blockpfettendächer mit Legschindeln. Wie dann das Holz knapp wird, werden auf einmal holzsparende Konstruktionen verwndet. Also man geht von diesen Massivholzkonstruktionen zu den Skelettösen, zu den Frameworks über und auch die Dächer werden aufgesteilt. Also man geht davon aus, dass steilere Dächer eine längere Lebensdauer der Schindel bewirken. Es gibt so die Faustregel, hölzerne Dachdeckungen halten pro Grad Dachneigung um ein Jahr länger. Also Faustregel 60 Grad Dachneigung, 60 Jahre Lebensdauer. Man braucht natürlich dann wieder andere Befestigungsmittel, die Legschindel, und die halten ja rein durchs Hinlegen. Wenn man dann die Dächer aufsteilt, müssen die Schindel oder die Dachbretter angenagelt werden. Es gibt da die technischen Entwicklungen im Bereich der Saline, wo ohnehin viel Eisen verarbeitet wird, wo dann schmiedeeiserne Nägel hergestellt werden, vorher hölzerne Nägel. Das heißt, es ist diese technische Entwicklung, es sind die materiellen Umstände, die die Baukultur beeinflussen.

Für mich gibt es aber auch noch ideologische Faktoren. Da ist für mich eine sehr interessante Epoche das Zeitalter des Barocks, der Gegenreformation. Das Salzkammergut war ja sehr stark und ist immer noch durch die Reformation geprägt. Es gibt sehr viele evangelische Christen im Verhältnis zu den katholischen und das Salzamt hat diese Reformation, diese evangelischen Christen relativ lange geduldet, weil man ja die Salzfacharbeiter gebraucht hat. Aus wirtschaftlichem Interesse der Herrschenden wurde anfänglich die Gegenreformation nicht so radikal durchgeführt. Im Bauen bildet sich natürlich die Gegenreformation durch den Barockstil ab, wie auf der großen Weltbühne am Konzil von Trient, unter der Schirmherrschaft des heiligen Karl Borromäus, die Idee entwickelt wurde durch Kunst, also sei es durch Musik, aber eben auch Architektur, den Katholizismus wieder schmackhaft zu machen, ihn zu verkaufen. Und dieser Barockstil zieht, denke ich, wirklich als politisches Programm in Salzkammergut ein. Mitte des 18. Jahrhunderts wird zum Beispiel auch auf den Hallstätter Kirchturm in den 1730er Jahren ein barocker Turmhelm aufgesetzt. Und bei vielen Gebäuden in Hallstatt sieht man, also beim Helm des sogenannten Feuer- oder Dienerturms, sieht man auch diesen barocken Turmhelm. Das Ist natürlich alles beim Brand 1750 verloren gegangen. Aber dieses Programm und nicht nur in Hallstatt, in den Salzkammergutorten die Kalvarienberganlagen, wo man wirklich ganz gezielt diesen Barockstil, und das geht bis hin zu einer Sonnenuhr auf einem Haus, das für einen Kapuziner-Missionar geplant wurde, wo eine Sonnenuhr ist, wo man eben damit die Überlegung zeigt, wo Baukultur, wo Stil ganz bewusst als politisches Herrschaftsmittel eingesetzt wird. Und diese verschiedenen Schichten, diese verschiedenen Ebenen der Baukultur, die überlagern sich im Welterbegebiet sehr schön. Und ich denke, wenn man mit offenen Augen zum Beispiel durch Hallstatt geht, kann man möglicherweise diese Schichten noch erkennen.

Eine weitere natürlich ganz große Zäsur in der Baukultur ist das Aufkommen des Fremdenverkehrs. Also schon Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt auch in Hallstatt ein Fremdenverkehr. Das Salzkammergut wird schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als die österreichische Schweiz entdeckt. Reiseschriftsteller beschreiben enthusiastisch die Landschaft. Es entstehen sehr viele Veduten von den verschiedensten Naturschauplätzen, aber auch von technischen Einrichtungen, also auch Elementen der Kulturlandschaft wie der Gosauzwang, dieses technische Bauwerk zur Überwindung des Gosautals. Also auch hier wieder eine Kombination aus Quadermauerwerk und Holz, wo, denke ich gerade, beim Gosauzwang, kehrt es sich um. Da werden aus dem horizontal in der Natur vorkommenden Steinmaterial diese schlanken vertikalen Pfeile errichtet und aus dem ursprünglich vertikal in der Natur vorhandenen Holz wird dann der horizontale Brückenkörper gebildet. Also hier denke ich auch, es ist ein sehr interessanter Ansatz und auch diese technischen Denkmal, auch wie die Soleleitung, der "Strenn", auch die sind auf diesen Veduten zu sehen, also sowohl die Begeisterung für die Naturlandschaft als auch für die Elemente der Kulturlandschaft. Und durch die Vedutenkunst, durch die Reiseschriftstellerei wird das Salzkammergut bekannt gemacht und gegen Ende des 19. Jahrhunderts beginnt der Tourismus, der Fremdenverkehr richtig zu boomen und damit kommen dann auch natürlich neue Bauformen. Da kommen dann die ganzen Villen, wo sich die städtischen Sommerfrischler zwar einerseits die ursprüngliche Natur erleben möchten, andererseits aber auch sehr wohl ihren eigenen Luxus mit in die Sommerfrische nehmen. Und da gibt es natürlich wieder parallel dazu als technische Entwicklung den Bau der Eisenbahn, der Salzkammergut-, also der Kronprinz-Rudolf-Bahn, wo dann moderne Baustoffe oder industriell produzierte Baustoffe wie Eisen, Stahlträger, also in dem Fall ist es noch Flusseisen, diese eisernen Elemente kommen, wo Ziegel, die industriell hergestellt werden, ins Salzkammergut kommen. Wo natürlich auch durch die Arbeiter des Bahnbaus, und das sind vor allen Dingen Steinmaurer aus den Küstenländern, also aus dem heutigen Kroatien, aus dem Trentino, die bringen wieder ganz andere Steinmauertechniken wie etwa das Zyklopenmauerwerk ins Salzkammergut. Das heißt, es gibt durch diese technisch-kulturelle, soziologische Veränderung auch eine Veränderung der Baukultur. Wir haben eben dann diese für das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert so typische Villenarchitektur, die wir natürlich auch im Welterbegebiet Hallstatt-Dachstein-Salzkammergut finden, wenn auch doch gerade in Hallstatt die schönsten dieser Villen im 20. Jahrhundert zerstört worden sind. Und dann Mitte des 20. Jahrhunderts oder vielleicht in der zweiten Hälfte setzt dann die nächste diese Massentourismuswelle ein. Während im 19. Jahrhundert es noch ein Tourismus der Oberschicht war, wird dann in den 1970er Jahren der Tourismus der Mittelschicht und es wird durch diesen Tourismus natürlich auch entsprechendes Geld in die auch kleinen Haushalte der Bewohner des Welterbegebiets gespült. Und die sehen natürlich ein Geschäftsmodell, wie man mit den Fremden Geld verdienen kann und mit dem vom Tourismus erworbenen Geld werden die alten baulichen Strukturen - soweit noch vorhanden - überformt. In Hallstatt gab es ja, auch das sei hier natürlich unbedingt erwähnt, die große Zäsur des Marktbrandes, wo 1750 das Ortszentrum einer gewaltigen Feuersbrunst zum Opfer gefallen ist, wo wesentliche Gebäude wie das Pfannhaus, wie der ganze Hofkomplex, wie das Spital im Ortszentrum, die wurden alle zerstört. Und das heißt, von diesem Alt-Hallstatt ist in der Substanz nur noch wenig vorhanden. Wir haben diese Überformung, die dann erst relativ langsam in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stattfand. Es gibt Veduten, es gibt Darstellungen, die Hallstatt 30 Jahre nach dem Brand zeigen, wo immer noch sehr viele Brandruinen das Ortsbild prägen. Aber ich denke, noch prägender, noch stärker verändernd war dann diese Tourismuswelle ab den 1970er Jahren des 20. Jahrhunderts, wo dann wirklich extrem in die Substanz eingegriffen wurde. Das ging natürlich dahingehend, dass man die ursprünglich kleinen Fenster auf groß veränderte, dass man ursprüngliche Fensterkonstruktionen, Kastenfenster auf einflügelige, zum Teil Kunststofffenster veränderte. Dass man die Dachdeckungen veränderte. Also, dass man die Oberflächen von Kalkputzen zu zementgebundenen Putzen, dass man von Kalkfarben zu Dispersionsfarben, das heißt, diese Änderung, diese größte Änderung des baulichen Bestandes, Die wurde durch den "Geldsegen" unter Anführungszeichen ausgeführt, den der Tourismus nach Hallstatt spült. Umgekehrt ist es natürlich eine Tatsache - es ist halt so und es haben diese Veränderungen stattgefunden.

Wie sich die Baukultur weiterentwickeln wird, ist eine sehr spannende Frage. Ich sehe für Hallstatt vor allen Dingen für das Ortszentrum eher eine dystopische Vision. Ich denke, dass die letzten Bewohner des Ortszentrums, so wie ich, ich bin jetzt doch schon deutlich über 60 Jahre alt, wir werden natürlich in den nächsten Jahrzehnten aus unseren Häusern heraus sterben. Es wird im Ortszentrum, in der Ortschaft Hallstatt, also das Ortszentrum der Markt heißt ja offiziell die Ortschaft Hallstatt, dass im Ortszentrum im Jahr 2050, glaube ich, nur noch ganz, ganz wenige Menschen wirklich hier wohnen werden, dass dieses Ortszentrum touristisch genutzt wird. Das Haus, in dem ich jetzt hier sitze und diese Aufnahme spreche, dieses Haus wird in einigen Jahrzehnten sicher auch von Touristen bewohnt sein. Wie dann diese Tourismuswirtschaft, die dieses Ortszentrum von Hallstatt vermarkten wird, ob die dann in der Baukultur wieder einen Schritt zurückgehen wird, die möglicherweise nach alten Vorbildern einen Rückbau machen wird, um eine gewisse Anmutung von Historizität verkaufen zu können, das ist für mich zumindest denkmöglich.

Über diesen Podcast

Das Welterbegebiet Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut ist eine einzigartige Kulturlandschaft mit einem reichen baukulturellen Erbe. Mein Name ist Friedrich Idam und ich stelle ihnen in jeder Episode eine neuen Aspekt unseres Welterbes vor. Dieser Podcast wird von Welterbe - Management Hallstatt unterstützt.

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von und mit Friedrich Idam, Gestaltung: Reinhard Pilz

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