Welterbe Hallstatt

Welterbe Hallstatt

Baukulturelles Erbe im Salzkammergut

Transkript

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Wenn man vom Rudolfsturm auf den Markt Hallstatt, auf das Ortszentrum hinunterschaut, sieht man sehr klar eines der wesentlichen städtebaulichen Grundmuster des Marktes. Und das sind Linien, die vom Mühlbach, vom Mühlbachfall fächerförmig zum See führen. Und einer dieser noch sehr klar lesbaren Fächer ist der Badergraben. Der Badergraben führt quasi in einer Falllinie Richtung See.

Wenn man den Schuttkegel, den der Mühlbach im Laufe der Jahrtausende in den See eingebracht hat, wenn man diesen Schuttkegel geometrisch als Kegel betrachtet und von der Spitze des Kegels, die ist dort bei der Parkterrasse, wo der Mühlbach herunterfällt, das ist die Spitze des Kegels und von der Spitze des Kegels ist der kürzeste Weg nach unten eine sogenannte Fallgerade und diese Fallgeraden bilden dieses fächerförmige Grundmuster des Marktes. Ich habe zu diesen städtebaulichen Mustern des Marktes eine eigene Episode dieses Podcasts gestaltet und in die Shownotes stelle ich natürlich einen Link, dass Sie leicht zu dieser Episode finden.

Der Badergraben, das Wort Graben, beinhaltet ja auch seine Funktion als Gerinne. Und durch den Badergraben führte über lange Jahrzehnte, Jahrhunderte ein Mühlbacharm. Dieser Mühlbacharm wird in einem alten Plan als der sogenannte "Ffeilfluder" bezeichnet. Das Fluder ist ein Werksgerinne und mit diesen Werksgerinnen wurden eben Wasserräder angetrieben.

Vom "Ffeilfluder" wurde das Wasserrad der alten Hofschmiede angetrieben. Die alte Hofschmiede stand dort oder bildete immer noch den Kern des Gebäudes, das jetzt ganz aktuell zum Wohnhaus der Marktgemeinde Hallstatt umgebaut wurde. Auch heute noch führt dieser Wasserlauf unterirdisch durch den Badergraben. Das ist ein Entlastungsgerinne des Mühlbachs. Wenn durch Starkregenereignisse im Salzberghochtal der Mühlbach zu stark anschwillt, dann wird dieses überschüssige Wasser eben auch unterhalb des Badergrabens zum Teil im Verlauf dieses alten Fluders in den See geleitet. Und dieser Fluder hat, wenn man jetzt weiter in die Vergangenheit zurückgeht, schon mehrmals seine Gestalt gewechselt. Das heißt, heute ist das Fluder unterirdisch, ist vom Straßenbelag überdeckt, man sieht nichts mehr davon. Bis ins 19. Jahrhundert war dieses Fluder ein steingemauertes Bachbett, ähnlich wie das jetzt noch offene Bachbett des Bühlbach-Hauptarms, der beim Landungsplatz in die See einmündet.

Und es gibt auch Darstellungen aus dem späten 19. Jahrhundert, wo zum Teil dieses Gerinne schon abgedeckt war, aber es gibt auch Darstellungen, wo dieses Gerinne noch offen war. Wenn wir jetzt in der Geschichte noch weiter zurückgehen ins 18. Jahrhundert, da haben wir drei sehr klare Belege, dass dieses Gerinne aufgeständert war. Das heißt, am oberen Beginn des Badergrabens war das Gerinne quasi noch auf Straßenniveau und dann gab es eine auf Holzjochen aufgeständerte hölzerne Rinne, die deutlich flacher verlief als das Gefälle des Badergrabens. Und in dem Bereich, wo heute die Seestraße den Badergraben kreuzt, also beim Baderplatz, der ja das Kernthema dieser Episode ist, da war es, dieses Fluder bereits so hoch aufgeständert, dass man unterhalb durchgehen kann. Ich denke mir, das Bild ist sehr schön. Also stellen Sie sich vor, Sie gehen durch die Wolfengasse Richtung Süden.

Richtung Gemeindeamt, Richtung Museum und stellen sich da einen hölzernen Wasserlauf, auf ein hölzernes Gerinne vor, wo das Wasser oberhalb der Straße geführt wird und sie gehen quasi durch ein solches Wassertor durch. Das war notwendig, also dieses Aufstehen dann war notwendig, um das Wasserrad, das dann bei der Hofschmiede angebracht war, entsprechend wirkungsvoller anzutreiben. Man spricht in diesem Fall von einem oberschlächtigen Wasserrad. Also oberschlächtig ist das Wasserrad dann, wenn das Betriebswasser am oberen Ende des Rades mit entsprechenden Schwung eingeleitet wird. Unterschlächtig heißt ein Wasserrad, wenn das Rad quasi in den Wasserlauf eintaucht und unten vom Wasser getrieben wird. Oberschlächtige Wasserräder brauchen weniger Betriebswässer und das Wasser kommt mit mehr Schwung daher.

Und diese Hofschmiede, da gibt es sehr schöne Belege. Ich habe da vom pensionierten Markscheider Johann Unterberger den sehr tollen Hinweis bekommen, dass im oberösterreichischen Landesarchiv, im sogenannten Bergmeisterarchiv, ein Schriftstück liegt, wo über die Errichtung dieser Hofschmiede im Jahr 1532 berichtet wird. Es ging zu Beginn des 16. Jahrhunderts darum, dass die Salznachfrage stark anwuchs, dass in Hallstatt eine dauerhaft betriebene zweite Pfanne aufgestellt werden musste, um der Salznachfrage entsprechen zu können. Und da waren im Ortszentrum, im Markt doch maßgebliche Umbaumaßnahmen erforderlich, man musste einige Gebäude abreißen, um eben Platz für diese zweite Pfanne zu schaffen. Unter anderem wurde auch die ganz alte Hofschmiede abgerissen und dort, wo eben heute das schon einmal genannte Wohnhaus der Marktgemeinde Hallstatt steht, wo lange Jahre das Hallstädter Arzthaus situiert war. Hier wurde 1532 die Hofschmiede mit diesem Wasserrad errichtet.

Im frühen 19. Jahrhundert wechselte die Hofschmiede dann noch einmal den Standort. Die wechselte dorthin, wo heute das Sportgeschäft Janu bzw. der Konsumsaal war. Also dort war dann die Hofschmiede zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die zu Beginn dieser Episode genannten fächerförmigen Linien, diese städtebaulichen Muster.

Geben natürlich auch dem Badergraben einen trapezförmigen Krummriss. Also man könnte den Badergraben als ein sehr langgezogenes Trapez lesen, das sich zum See hin ausweitet, nach oben hin immer schmäler wird. Den oberen Abschluss des Baderplatzes, wenn man wirklich jetzt eine räumliche Begrenzung sieht, das ist der quer über diesen Badergraben errichtete dreibogige Durchlass, der heute zum Museum Hallstatt gehört. Dieser Bogen und auch die Bereiche Richtung Waisenhaus im Norden, die wurden zumindest vor dem Brand von 1750 als das sogenannte Neugebäude bezeichnet. Das war ein Erweiterungsbau des alten Amthofs, der wie so viele Gebäude im Ortszentrum war durch den Marktbrand 1750 verloren gegangen ist. Und dieses Neugebäude, dieser fast arkadenartige Übergang, der schließt räumlich den Baderplatz nach oben hinab. Richtung See weitet sich das Trapez aus und hier bildet den Schlusspunkt die hier schon mehrmals genannte Hofschmiede, das Wohnhaus der Marktgemeinde Hallstatt. Also das ist einerseits oben der westliche Endpunkt, unten der östliche Endpunkt.

Wenn man jetzt die Flanken dieses Platzes betrachtet, da hat sich sehr viel verändert. Richtung Süden hin war lange Zeit dieses aufgeständerte Fluder und bis zum Marktbrand 1750 sehr markant der Feuer- oder Dienerturm. Also ein zumindest siebengeschossiges Turmbauwerk, in dem Feuerwache beim Pfannhaus gehalten wurde. Also der, denke ich, dieses Bild, dieses Fluder mit dem Wasser dahinter, dieser markante Turm, dann das Hoftor, also dieser Hofbereich, der vom Baderplatz Richtung Süden anschloss, der war von einer Mauer umgeben, von einer Mauer eingefasst. Man konnte, denke ich, vor dem Marktbrand den Baderplatz quasi schon als Vorplatz, wenn man vom Norden kam, als Vorplatz vor dem Pfannhausplatz, vor dem Hofbereich wahrnehmen. Die Hofmauer mit dem Hoftor, die wurde erst relativ spät im 19. Jahrhundert, also Mitte des 19. Jahrhunderts, 1856 abgebrochen und die Tafeln, die Schrifttafeln, die Wappentafeln, die über dem Hoftor eingemauert waren ursprünglich.

Die wanderten dann in die Prospektwand des Löckerbrunnens über diese Schrifttafeln, über diese Wappentafeln. Da habe ich schon eine eigene Episode gestaltet und auch die verlinke ich wieder in den Shownotes zu dieser Episode.

Früher war der Bereich, dieser Flankenbereich, diese südliche Flanke sehr strikt abgeschlossen. Das hat sich dann im Laufe der Zeit geändert mit dem Abbruch des Hoftors und mit der Unterflurlegung des Fluders.

Richtung Norden hat sich jetzt an der Flanke nicht so viel verändert. Da steht ganz markant an der Ecke Badergraben-Wolfengasse das Baderhaus. Und dieses Baderhaus, das gibt ja den Platz, den Namen. Hier waren die Bader und Hofchirurg der Familie Löcker untergebracht.

Vielleicht einschränkend, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vor dem Marktbrand war das Baderhaus oder damals wie es hieß Badhaus noch am Kirchenweg 168, das ist ein Haus, wo das Graffiti drauf sind, das unmittelbar am Mühlbach steht. Also dort wurden die Wasserbäder, weil die Bader, der Name kommt ja davon, dort konnte man Wasserbäder in Anspruch nehmen, aber eben auch zahnmedizinische Eingriffe und chirurgische Eingriffe. Nach dem Marktbrand wurde dieses Haus Ecke Badergraben Wolfengasse, das war ursprünglich das sogenannte Zuseherhaus, der Zuseher, das war jener Beamte im Sudhaus, das war der oberste Aufsichtsbeamte des Sudhauses, der wohnte hier sehr prominent an dieser Stelle. Nach dem Marktbrand erwarb die Familie Löcker diese Brandstätte und errichtete das Baderhaus an diesem Ort. Und dieses Objekt steht in diesem Habitus, den es nach der Wiedererrichtung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begonnen hat. Im Finanzarchiv des österreichischen Staatsarchivs findet sich ein sehr interessanter Plan, der dürfte so um 1805 entstanden sein. Da findet sich schräg gegenüber des Baderhauses, also am südlichen Rand des Badergrabens.

Einerseits dieses noch offene Flutter eingezeichnet, andererseits ist über diesem Flutter ein relativ großes Gebäude errichtet. Und ich bin mir eigentlich relativ sicher, dass in dieses Gebäude dann die Funktion des Badhauses übersiedelt. Also dass dieses Badehaus, das ursprünglich am Mühlbach stand, dann herunterwanderte und natürlich auch dem Wohnhaus der Bader gegenüber näher war. Wenn wir jetzt auf der nördlichen Schlanke des Baderplatzes vom Baderhaus weiter Richtung See gehen, dabei die Seestraße überqueren, bestimmt am nordöstlichen Ende des Platzes die Fassade der ehemaligen Eiselschen Salzfertigung, den Platzraum. Die Familie Eisel war eine sehr bedeutende Salzfertigerfamilie und die hatten hier in diesem Haus, das trägt heute die Hausnummer 107.

Dort besaßen die ihre Salzfertigung an der Ecke Wolfengasse Baderplatz, wo die Eiselsche Salzfertigung sehr wirkmächtig in diesem Platz ragt. Ist genau an dieser Ecke, 45 Grad abgeschrägt, eine Kapellennische in das Gebäude eingelassen. Da steht eine Nepomuk-Statue drinnen. Ich habe über diese Nepomuk-Kapelle bereits eine Episode dieses Podcasts gestaltet. Den Link zu dieser Episode stelle ich in die Shownotes. Diese 45 Grad schräg gedrehte Kapelle korrespondiert, denke ich, sehr schön ebenfalls mit der 45 Grad schräg gestellten Prospektwand des Löckerbrunnens. Und so, denke ich, ergibt sich an diesem Kreuzungspunkt Badergraben, Seestraße und der letztlich noch Ausweitung des Platzes eine sehr schöne räumliche Situation.

Gegenüber, also in dem Bereich, wo heute das Gemeindeamt steht, beziehungsweise das Haus 109. Dort war das Eiselsche Kufhaus, also da wurden die hölzernen Salzküfel gefertigt. Also ursprünglich wurde dieser Baderplatz natürlich von der Salzproduktion, von der Schmiede, von der Salzfertigung dominiert und erst nach dem Markbrand wurde dieser Platz zum Baderplatz. Diese Familie Löcker war sehr wohlhabend, wie wir aus historischen Quellen wissen. Besaßen die auch ein Sommerhaus, das ist das Haus heute Land 22, wo jetzt der Kindergarten untergebracht ist. Also dieses Haus, das quasi so das Benefizium in Kleinen widerspielte, auch mit entsprechenden Obstgarten, das war das Sommerhaus der Familie Löcker. Also hier eine Familie, die zumindest über zwei Jahrhunderte im Ort eine sehr wichtige Funktion übernahm und dieses Amt des Baders, des Chirurgen auch an einer sehr prominenten Stelle ausübte und, das denke ich ist auch sehr schön, dieses Bild im Namen des Platzes erhalten geblieben ist.

Über diesen Podcast

Das Welterbegebiet Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut ist eine einzigartige Kulturlandschaft mit einem reichen baukulturellen Erbe. Mein Name ist Friedrich Idam und ich stelle ihnen in jeder Episode eine neuen Aspekt unseres Welterbes vor. Dieser Podcast wird von Welterbe - Management Hallstatt unterstützt.

Feed-URL
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von und mit Friedrich Idam, Gestaltung: Reinhard Pilz

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