Baukulturelles Erbe im Salzkammergut
Die Befestigung der Dachschindeln auf den Dächern erfolgte ursprünglich einfach darin, dass die Schindel auf die Dachkonstruktion lediglich aufgelegt wurden.
Eine gewisse Verbesserung wurde noch dadurch erzielt, dass die aufgelegten Dachschindel mit Steinen beschwert wurden. Diese sehr archaische Form der Dachdeckung erfolgte ausschließlich mit gespaltenen Schindeln bzw. mit Spaltbrettern. Man spricht von sogenannten Legschindeldächern. Dabei muss aber die Dachneigung sehr gering sein, also die darf nicht über 20 Grad betragen, weil wenn die Dachkonstruktion steil ist, würden ja die lediglich aufgelegten Dachschindel abrutschen. Umgekehrt, wenn jetzt die Dachkonstruktion sehr flach ist, ist natürlich die Gefahr, dass die Schindel relativ schnell verfaulen, sehr groß. Für die Haltbarkeit von hölzernen Dachdeckungen gibt es eine etwas vereinfachende Faustregel pro Grad Dachneigung ein Jahr Lebensdauer. Und wenn etwa, wie bei den Legschindel-Dächern, die Dachneigung lediglich 20 Grad beträgt, so ist natürlich die Lebensdauer der Schindel auch nur 20 Jahre. Es gab immer wieder auch Methoden, auch bei steileren Dächern später, die Lebensdauer der Schindel zu verlängern, indem man die Schindel umkehrt. Je nachdem, wenn eben an der Außenseite die Schindel schon entsprechend verwittert waren, dass man das Dach abdeckte, die Schindel umdrehte, indem die ursprünglich innenliegende Seite nach außen gekehrt wurde und so die Schindel einem weiteren Lebenszyklus zugeführt werden konnten.
Die letztlich unbefriedigende Situation der geringen Lebensdauer dieser Legschindeldächer führte dazu, dass das Salzamt im Rahmen der Holzsparverordnungen die Aufsteilung der Dächer anordnete. Es gibt hier quasi zwei Standardwinkel. Das ist einmal das Steildach, andererseits das sogenannte gelagerte Dach Und die Dachneigung wurde ja ursprünglich nicht im Grad, nicht in einem Winkel, nicht in einem Fußwinkel der Dachkonstruktion festgelegt, sondern in Form eines Verhältnisses der Bundtraumlänge, also letztlich der Breite der Dachkonstruktion und der Firsthöhe, also der Höhe der Stuhlsäule. Man setzt im Prinzip die halbe Bundtraumlänge, also die halbe Dachbreite mit der Höhe der Stuhlsäule in Relation, während dann letztlich die Tangensfunktion diesen Winkel beschreibt. Und da findet man bei alten Dächern eigentlich nie dieses Verhältnis 1 zu 1, was einen Fußwinkel von 45 Grad geben würde, sondern es ist entweder leicht darüber oder leicht darunter und da gab es die Zimmermanns-Faustregel für das gelagerte Dach: Die Stuhlsäule ist gleich die halbe Bundtramlänge minus einem Fuß, also minus 30 cm. Und beim Steildach die halbe Bundtramlänge plus einem Fuß, also plus 30 cm. Das sind diese Neigungen, die dann in Grad ausgedrückt 41° bzw. etwa 48 Grad betragen. Bei diesen aufgestellten Dächern konnte man natürlich die Schindel nicht mehr nur hinlegen, sondern man musste die entsprechend an der Dachkonstruktion befestigen. Da gibt es ein System, es gibt in der Dachkonstruktion die Schräghölzer, die sogenannten Raufen oder Sparren und auf diese Sparren wurde dann horizontal, das wird natürlich auch immer noch, werden die sogenannten Dachlatten, die verlaufen dann horizontal und je nach Länge der Schindel haben dann die Dachlatten einen Abstand, der der Schindellänge bzw. der Dachbretterlänge entspricht. Und an diesen Dachlatten werden dann die Schindel oder Bretter aufgenagelt. Ganz aktuell wird das mit Presslufteingetriebenen Klammern gemacht. Die werden aktuell auf getackert, aufgeklammert. Bis vor wenigen Jahren wurden die noch mit Drahtstiften aufgenagelt, Wobei man besonders bei Lärchenschindeln auf das Material des Drahtstifts achten muss, also sowohl Drahtstifter als auch Klammer, sollten verzinkter Stahl oder überhaupt ein höherwertiges Material sein, weil das Lärchenholz relativ viel Gerbsäure enthält. Und wenn man einen blanken, eisernen oder stählernen Drahtstift verwendet, dann würde der in Reaktion mit dem Säuregehalt des Lärchenholzes relativ leicht korrodieren.
Wenn wir in der Geschichte weiter zurückgehen, also der Drahtstift, der ja langläufig als Nagel bezeichnet wird, ist ein Industrieprodukt, das sich etwa ab den 1880er, 1890er Jahren durchgesetzt hat. Davor gab es die sogenannten geschmiedeten Nägel. Der Drahtstift hat eben einen Parallelschaf, im Regelfall mit einem Kreisdurchmesser. Der Nagel, der handgeschmiedete Nagel, der hat einen keilförmig verlaufenen Schaft, also der ist bei der Spitze ganz dünn und wird dann zum Nagelkopf hin breit und hat im Regelfall einen quadratischen Querschnitt. Das heißt, vor der Verwendung der Drahtstifte wurden die Schindel mit Nägeln angenagelt.
Eisen war ja zu dieser Zeit ein relativ wertvoller Rohstoff und das war wirklich ein Luxusprodukt und war eine sehr teure Angelegenheit, die Schindel eben mit eisernen Nägeln zu befestigen, so dass man insbesondere bei Dachbrettern immer noch bei alten, Dachkonstruktionen in alten Dachlatten die Reste von Holznägeln findet. Also da wird tatsächlich anfänglich jeder Schindel, jedes Dachbrett mit einem Holznagel befestigt. Und das ist natürlich ein sehr aufwendiges Verfahren, denn man muss mit einem Schneckenbohrer, der ja auch wieder ein konisches Bohrloch ergibt, durch das Dachbrett, durch die Schindel durchbohren. In die Dachlatte hineinbohren und dann einen in gleicher Form mit dem gleichen chronischen Verlauf hergestellten Holznagel dann durch das Dachbrett in die Dachlatte eintreiben und dann den Überstand abschneiden. Das ist ein extrem mühseliger Prozess und wenn man das denkt, dass die Haltbarkeit nur wenige Jahrzehnte betragen hat, dass man dann das Dach wieder umgedeckt hat. Also es ist oft für unsere heutigen Vorstellungen sehr schwer nachvollziehbar, wie viel Mühe die Menschen einsetzen, um ihre Dächer dicht zu bekommen. Sowohl Dachbretter als auch Schindel werden entweder in Doppeldeckung oder in Dreifachdeckung ausgeführt. Das heißt, es ist die doppelte oder dreifache Menge an Schindelmaterial wieder eingesetzt, als Dachfläche zu decken wird. Natürlich wird in sogenannten Scharen gedeckt und es wird immer so gedeckt, dass es an der Traufe zu decken begonnen wird. Die darüber liegende Schar wird dann bei der Dreifachdeckung um ein Drittel der Schindellänge, also etwa 10 cm, nach oben gerückt, überlappend, sodass die Stoßfuge zwischen den Schindeln von der nächsten Schar überdeckt wird. Und so geht es Schar für Schar weiter.
Sehr wichtig ist auch bei diesen Schindeln, dass man sehr sorgfältig darauf achtet, sie nicht zu fest zu befestigen. Also maximal ein Klammer, maximal ein Nagel, damit sich die Schindel, damit sich das Dachbrett noch bewegen kann. Denn da, besonders bei den Schindeln, tritt ja dieser sehr interessante Tannenzapfeneffekt auf, dass die Schindel, die Schindel werden ja aus leicht drehwüchsigem Holz hergestellt. Und wenn dieses drehwüchsige Holz beregnet wird, dann dreht sich das Holz in seine Ursprungsform zurück und das Dach schließt sich. Wenn aber jetzt die Sonne aufs Dach drauf scheint, dann trocknet die Schindel aus. Der Drehwuchs bildet sich stärker ab, die Schindel dreht sich von der Dachhaut weg, sodass auch die Unterseite ablüften und damit trocknen kann und dadurch natürlich für holzzerstörende Mikroorganismen keine entsprechend gute Lebensbasis mehr besteht. Und das verlängert natürlich die Lebensdauer eines Schindeldaches noch ganz bedeutend, wenn eben diese Unterseite trocken ist. Wie auch durch Untersuchungen zweifelsfrei festgestellt werden konnte, sind sogenannte Kaltdächer unter Holzschindeldächern sehr problematisch, weil gerade im Salzkammergut, wo es an vielen Orten eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit herrscht und das hinterlüftete Kaltdach diese Luft ja einträgt. Also denken Sie etwa an die Frühlingssituation, wenn noch Schnee auf der Dachhaut liegt, die Dachhaut kalt ist und durch diese Hinterlüftung feuchtwarme Frühlingsluft eindringt, so kondensiert ja diese feuchtwarme Luft an der Unterseite der Schindel und das ist eigentlich der gegenteilige Effekt, da werden dann die Schindel von unten befeuchtet und die Lebensdauer verkürzt sich entsprechend. Also ideal ist wirklich bei einem Schindeldach, bei einem Bretterdach die traditionelle Befestigung, möglichst nur mit einem Drahtstift, damit sich das Holz bewegen kann und vor allen Dingen ein nicht ausgebauter, gut durchlüfteter Dachraum, kein Kaltdach. Mit dieser Methode ist eigentlich die Lebensdauer eines Schindeldachs am längsten abgesichert.