Welterbe Hallstatt

Welterbe Hallstatt

Baukulturelles Erbe im Salzkammergut

Transkript

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In der grafischen Sammlung Albertina in Wien befindet sich eine Darstellung von Hallstatt, die sich durch eine wirklich beeindruckende Detailtreue auszeichnet. Ich werde in die Shownotes einen Link zu dieser Premblechner-Karte stellen, damit auch Sie sich ein Bild über dieses wunderbare Werk machen können. In den Episoden über die Hallstätter Plätze habe ich immer wieder auf diese Premblechner-Karte hingewiesen. Der Name kommt vom Autor dieser Karte. Sie ist signiert. Jakob Anton Premblechner war ein Hallstätter Bergmann. Er war im Beamtendienst tätig und im Sinn aus dem Fundus des Bergmeisters am Rudolfsturm sind ihm Karten zur Verfügung gestanden, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Johann Baptist XIII sehr exakt aufgenommen wurden. Aber in ihrer Detailtreue und auch grafischen Qualität ist diese Premblechner-Karte wirklich bestechend. Und mit Hilfe des Bergmanns in Ruhe, Johann Unterberger ist es mir gelungen, die Karte aufgrund der dargestellten Gebäude, die noch zu sehen sind, die noch nicht errichtet sind, so sehr genau in die zweite Hälfte der 1730er Jahre zu datieren.

Heute möchte ich das Augenmerk auf ein anderes Detail. Ich nehme nicht die schon mehrmals zitierte Qualität der Häuser und die Information über die Plätze, sondern die Darstellung der Gärten. Und in der Legende zu dieser Karte ist auch ganz explizit immer wieder auf die Gärten verwiesen. Da sind die Baumgärten explizit genannt und es sind die Wurz- und Pflanzgärten genannt. Und heute geht es mir um die Obstgärten.

Wenn man von der Karte vom Echerntal sich Richtung Markt bewegt, so sieht man an der Westseite des Echerntals, an der sonnigeren Seite im Bereich der Echernwand, sieht man schon beim sogenannten Steinhaus einen sehr schönen Obstgarten angelegt. Und diese Gärten zeichnen sich auf diesem Plan auch alle dadurch aus, dass sie mit Zäunen eingefasst sind. Das sind Zäune, die in der Darstellung mit vertikalen Zaunelementen dargestellt sind. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich dabei um die sogenannten Spältenzäune handelt, Also wo wirklich längs gespaltene Holzstücke, dünne Spälten, wie man sie im Dialekt nennt.

Oben zugespitzt als Zaun dienen, als Einfriedung, um eben diesen Bereich vor Tieren, vor Tierfraß zu schützen. Und durch diese Einfassung zeichnen sie sich natürlich, denke ich, schon besonders aus als dieser geschlossene Garten, als dieser Hortus Conclusus und überhöht ist dieses Motiv beim Beneficium, wo der Garten mit einer Steinmauer eingefasst ist. Und ähnlich, aber nicht mehr mit der Steinmauer, auch beim heutigen Kindergarten, das quasi spiegelbildlich hinter dem Beneficium dieses Motiv wiederholt. Aber diese Obstgärten, die sind eben nicht nur an der Westseite des Echerntals, die ziehen sich dann über den Ahnlberg, dann über den Berg im Markt oberhalb des Kirchenweges und weiter hinaus bis in den Ortsteil Tremischen sind oberhalb der Wohnhäuser immer wieder diese Obstgärten angelegt. Und das passt natürlich sehr gut in das politische Konzept dieser Zeit. Wir sind, wie gesagt, in der Mitte des 18. Jahrhunderts politisch ist das die Zeit des sogenannten aufgeklärten Absolutismus, also die Zeit der Aufklärung, wo man beginnt mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, diese Erkenntnisse in die alltägliche Politik einfließen zu lassen. Und da ist eben auch eines dieser Elemente das Anlegen von Obstgärten, also 1735 bis 1939, aus der diese Premblechner-Karte stammt. Das ist ja das Ende der Herrschaft von Karl VI. Und der Regierungsantritt seiner Tochter Maria Theresia. Und zu der Zeit war man eben darauf bedacht, durch ja eigentlich fast wissenschaftlich betriebene Landwirtschaft die Lebensgrundlage der Bevölkerung auszuweiten. Und das passt natürlich, denke ich, auch sehr gut mit der Lebenssituation in Hallstatt zu dieser Zeit zusammen.

Ich habe in der Episode über den Geisststall schon detailliert über die historische Ernährungssituation in Hallstatt berichtet. Die hauptsächlich aus importiertem Getreide- und Butterschmalz bestand, ein bisschen Milch, das man sich durch die Haltung von Geißen vielleicht noch zusätzlich erwerben konnte. Und dieser karge Speisezettel, wenn man den macht, Obst etwas aufbessern konnte, um einerseits natürlich entsprechende Vitamine aufnehmen zu können, andererseits natürlich auch. Und ich glaube, das soll man auch nicht aus dem Auge verlieren, der Zucker.

Außer dem Honig und dem Luxusprodukt Rohrzucker, das aus West Indien importiert wurde, aber das, denke ich, in Hallstatt eher nicht angekommen ist. Zumindest habe ich keine Belege bisher dafür gefunden. gab es ja außer dem Honig kaum etwas Süßes. Und auch hier sind natürlich dann die Früchte der Obstbäume eine sehr schöne Bereicherung, eine gesunde, aber auch wohlschmeckende Bereicherung. Die Speisebäume und vielleicht Obst, das uns heute in unserer extrem zuckerorientierten Ernährungssituation vielleicht gar nicht mehr so süß vorkommt, kommt durch einen Menschen, der ohne künstlich raffinierten Zucker lebt, wesentlich süßer vor, als uns heute das Obst vorkommt. Das ist der eine Aspekt der Ernährung, der Volksgesundheit, der damals in der Mitte des 18. Jahrhunderts sicher schon auf dem politischen Programm stand. Aber eine Idee dieses Anlegens, dieser Obstgärten ist auch in der Geländesicherung. Also man hat in der Österreicher-ungarischen Monarchie hat man natürlich auch versucht, Obstsorten zu züchten. Auch das ist natürlich genau das Programm der Aufklärung Obst zu züchten, spezielle Obstbäume auch für karge Standorte zu züchten, um eben Flächen, die bisher nicht nutzbar waren, jetzt nutzen zu können. Der Hintergedanke war natürlich, und das ist das Programm dieser absolutistischen Zeit, Natürlich möglichst die Bevölkerung zu steigern, die Bevölkerung gesund zu halten mit dem sehr pragmatischen Hintergedanken. Einerseits natürlich entsprechende Wirtschaftskraft zu entwickeln, andererseits natürlich um genug Soldaten für die Kriegsführung zur Verfügung zu haben. Aber in dieser Zeit fehlt ja auch, habe ich ja auch in einer Episode beschrieben, die sogenannte Seelenkonskription, wo man dann versucht, ganz genau die Bevölkerung zu erfassen. Und diese Obstbäume an den kargeren Standorten, das ist natürlich speziell in Hallstatt auch die Hangbefestigung, dass man an Flächen, die durch Bodenerosion besonders gefährdet sind, durch die Pflanzung dieser Obstbäume dann den Boden entsprechend sichert und diese sonst für die Ernährung der Bevölkerung nicht nutzbaren Flächen in Nutzung bringt. Auf der Premblechner-Karte ist ja der Unterschied zwischen den Bäumen sehr klar lesbar dargestellt. Also Nadelbäume im Wald sind natürlich eindeutiger als Nadelbäume lesbar. Aber auch die Laubbäume im Wald, die Buchen, sind deutlich größer dargestellt als die Laubbäume mit ihrer kugelförmigen Krone in diesen eingefriedeten, in diesen eingehegten Obstgärten. Seit den etwa 1920er Jahren hat sich ja für diese Obstgärten auch der Begriff Streuobstwiese von Deutschland kommend auch letztendlich in Österreich eingebürgert und dieser Begriff denke ich ist aber auch sehr gut mit dem alten österreichischen Begriff Obstgarten sehr gut. Und es geht eben darum, in diesen Obstgärten stehen hochstämmige Bäume, in einem Habitus eher kugelförmigen Krone und nicht in Reihe und Glied stehende Bäume einer Sorte niedrig optimiert für die Obstproduktion, sondern das sind auch in diesen Obstgärten verschiedene Bäume, unterschiedliche Obstsorten und das, denke ich, macht natürlich auch, nicht nur vom praktischen Standpunkt der Obstproduktion, sondern natürlich auch vom Ortsbild, vom Landschaftsbild eine ganz besondere Qualität aus. Eine Frage, die ich mir auch so durch den Kopf gehen habe lassen, das war das Haltbarmachen. Obst fällt natürlich naturgemäß im Spätsommer, im Herbst an, in großen Mengen an und dann gilt es, dieses Obst haltbar zu machen. Und traditionell im Salzkammergut ist das Dörren das Obst. Es gibt für Goisern, für Gosau dort, wo viel intensiver Landwirtschaft betrieben werden konnte als in Hallstatt, da gibt es immer noch auch noch vorhandene Belege für kleine Dörrhäuschen neben den eigentlichen Bauernhäusern. Das ist eh in Gosau. In Gosau gibt es die sogenannten Badeln. Diese Badeln, das waren ursprünglich gemauerte, von außen beheizbare, einerseits Dörrstuben für Flachs und für das Obst, andererseits wurden aber die auch als Schwitzbäder genutzt. Und in Hallstatt habe ich bisher noch keine Belege für solche Dörrhäuser gefunden.

Es ist zumindest denkmöglich, es gab natürlich, solange in Hallstatt noch die Formsalzproduktion betrieben wurde und die ging ja bis hinauf ins frühe 20. Jahrhundert, dass man die Füderl oder Fuder produzierte und die wurden in speziellen Dörrkammern, in den sogenannten Pfieseln gedruckt. Also es gab in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Hallstatt fast 60 solcher Pfiesel und da ist es für mich schon denkmöglich, dass man diese ja ohnehin vorhandenen Dörreinrichtungen, die ja auch laufend befeuert und betrieben wurden, dass man die, wenn man entsprechende Kontakte hatte, und damals waren ja halt so alle Hallstädte in der Salzproduktion tätig, Dass man auch diese Pfieseln dazu genutzt hat, um das Obst zu trocknen. Das ist natürlich nur eine Hypothese von mir. Beleg habe ich bisher noch keinen gefunden, aber vielleicht stoße ich es noch einmal auf einen. Ein sehr interessantes Foto habe ich im Bildarchiv der HTBLA Hallstatt gefunden. Das ist ein Glasnegativ, das ich einscannen ließ. Und dieses Bild zeigt die Lahn, Zustand um 1900, Blick vom Ahndlberg, also etwa von dort, wo heute das Südportal des Straßentunnels, von dort vielleicht ein bisschen weiter drinnen im Echerntal und ein bisschen höher, Blick eigentlich gerade hin zum Sudhaus Lahn, dominant am Amtshaus Bügel das Amtshaus und im Bildzentrum, und das finde ich beeindruckend, sehr, sehr viele solcher Obstgärten. Auch hier wieder Einfriedungen, Zäune, wo man auch am Foto sehr gut diese Spältenzäune erkennt, auch im Bildvordergrund ganz, ganz klar zu erkennen, ein Spältenzaun mit diesen zugespitzten Spälten und eben sehr, sehr viele Obstbäume. Jetzt nicht extrem hoch, aber viel höher natürlich als Zwergobstbäume mit offener, ja fast kugelförmiger Krone, die wirklich bei jedem Haus, die wirklich dieses Bild dominieren. Und da denke ich, 1904 hat eben diese eigene Obstproduktion noch eine Riesenbedeutung besessen.

Wenn man jetzt schaut, ja, es sind noch ein paar dieser Obstbäume vorhanden, man findet sie noch, aber sie sind sehr, sehr wenige geworden und ihre Früchte werden zum Teil wenig geschätzt. Die liegen wirklich manchmal in der Wiese und verfaulen und da denke ich, ja, da ist dann schon ablesbar, wie sich die Zeiten, wie sich die Ernährungssituation geändert hat, dass es jetzt einfach nicht mehr notwendig ist, lokal das Obst zu produzieren, dass diese Altsorten vielleicht von ihrer Form, von ihrem Geschmack nicht mehr heutigen Konsumbedürfnissen entsprechen. Aber ich denke trotzdem, wir sollten diese Kultur nicht vergessen. Für den Fall, dass möglicherweise einmal Lieferketten reißen, dass es nicht mehr so einfach ist, aus aller Herren Länder Obst heranzuschaffen, dass es dann vielleicht wieder mal interessant sein könnte, an diese alte lokale Kultur anzuknüpfen.

Über diesen Podcast

Das Welterbegebiet Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut ist eine einzigartige Kulturlandschaft mit einem reichen baukulturellen Erbe. Mein Name ist Friedrich Idam und ich stelle ihnen in jeder Episode eine neuen Aspekt unseres Welterbes vor. Dieser Podcast wird von Welterbe - Management Hallstatt unterstützt.

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von und mit Friedrich Idam, Gestaltung: Reinhard Pilz

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